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Wiki: Risikogruppen nach Operation und Radioiodtherapie

 

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Die amerikanische Leitlinie für den differenzierten Schilddrüsenkrebs aus dem Jahr 2015 führt vier neue Risikokategorien ein, die auf den Erfolg der Therapien aufbauen.
Patienten sollen über die Jahre immer wieder neu klassifiziert und die Nachsorge entsprechend angepasst werden.

Die Leitlinie zum differenzierten Schilddrüsenkrebs aus dem Jahr 2015 der American Thyroid Associaton (ATA) ist die ausführlichste Leitlinie zum Schilddrüsenkarzinom, die es je gab. Sie hat bezüglich Evidenz den höchsten Standard unter den nationalen und internationalen Leitlinien zum differenzierten (papillären, follikulären, …) Schilddrüsenkarzinom und wird daher auch Maßstab und Ansporn sein für eine S3-Leitlinie in Deutschland.

Bereits in den vorangehenden Versionen der aktuellen ATA-Leitlinie (2005 und 2009) gab es nach der chirurgischen Entfernung des Tumors drei Gruppen bezüglich eines Risikos für ein Rezidiv bzw. ein Fortbestehen der Krankheit. Diese erste Risikoeinteilung – ebenfalls überarbeitet – berücksichtigt lediglich die Ausbreitung des Tumors in und über die Schilddrüse hinaus, die Form der Ausbreitung (Lymphknotenbefall und Eindringen in die Blutgefäße), die Histologie des Tumors sowie das Ausmaß der Operation. In der überarbeiteten Klassifizierung dieser drei Risikogruppen (siehe Kasten), werden die drei Kategorien allerdings nicht mehr streng unterteilt, es ist vielmehr ein fließender Übergang von mehr als 20 Unterkategorien, deren Risiken für ein Rezidiv von unter 1% bis über 50% reichen. In diesen Untergruppen taucht nun z. B. auch das minimalinvasive follikuläre Schilddrüsenkarzinom auf, welches als low risk, sowie das grobinvasive Schilddrüsenkarzinom, welches als high risk klassifiziert wird. Diese Gruppen sollen vor allem dazu dienen, mit dem Patienten eine gemeinsame individuelle Risikoabwägung treffen zu können, ob ggf. eine Komplettierungsoperation und eine ablative Radioiodtherapie (RIT) einen höheren Nutzen haben gegenüber möglichen Risiken dieser Therapien (ATA 2015, Kapitel B24).

Erste Einteilung in Risikogruppen nach der chirurgischen Entfernung des Tumors, bezüglich des Risikos für ein Rezidiv bzw. ein Fortbestehen der Krankheit:

  • Geringes Risiko (ATA low risk): Der Tumor ist auf die Schilddrüse begrenzt bzw. es wurden nicht mehr als 5 Lymphknotenmetastasen gefunden, von denen keiner größer als 2 mm war. Das Risiko für ein Rezidiv bzw. ein Fortbestehen der Krankheit reicht von 1% bis zu 8 % (siehe auch Text).
  • Mittleres Risiko (ATA intermediate risk): Der Tumor hat entweder eine aggressivere Histologie (z. B. großzellig) oder eine minimale Ausbreitung außerhalb der Schilddrüse oder einen Einbruch in die Blutgefäße beim papillären Schilddrüsenkarzinom oder mehr als 5 Lymphknotenmetastasen von denen keiner größer als 3 cm war. Das Risiko für ein Rezidiv bzw. eine Persistenz der Krankheit reicht von 8% bis zu 40% (siehe auch Text).
  • Hohes Risiko (ATA high risk): Der Tumor konnte nicht vollständig chirurgisch entfernt werden oder hatte eine deutliche Ausbreitung außerhalb der Schilddrüse oder es gibt Fernmetastasen oder Lymphknotenmetastasen von mehr als 3 cm Größe. Das Risiko für ein Rezidiv bzw. ein Fortbestehen der Krankheit reicht von 10% bis zu 55% (adaptiert aus Fig. 4 in der ATA-Leitlinie 2015, S. 42).

ausführlicher siehe: ATA 2015: Risikogruppen beim differenzierten Schilddrüsenkrebs

Eine detaillierte Beschreibung dieser ersten Risikoeinteilung würde an dieser Stelle zu weit führen (siehe ATA 2015: Risikogruppen beim differenzierten Schilddrüsenkrebs), da es hier um die gänzlich neuen Kategorien der ATA-Leitlinie gehen soll, die nach Operation und RIT das Risiko ein Rezidiv zu bekommen oder am Schilddrüsenkrebs zu sterben, neu einschätzen und entsprechend für die Nachsorge und die weitere Therapie neue Empfehlungen geben.

Für diese neue zweite Kategorisierung wird einzig auf den Erfolg der Behandlung (Operation und RIT) Bezug genommen, welcher über die Bildgebung (Ultraschall, ggf. Ganzkörperszintigraphie nach RIT bzw. Radioioddiagnostik und weitere Bilddiagnostik) und über die Tumormarker Thyreoglobulin (Tg) und Thyreoglobulin-Antikörper (TAK) kontrolliert wird.

Zudem sollen Patienten im Laufe der Nachsorge bzw. nach erneuten Therapien immer wieder neu eingruppiert werden, sowohl in eine niedrigere als auch in eine höhere Risikogruppe, wenn sich keine Anzeichen mehr für eine Krankheit finden bzw. umgekehrt neue Anzeichen auftauchen (ATA-Empfehlung 49).

Eine Adaption der Tabelle 13 in der ATA-Leitlinie ist hier unten eingefügt.

Neue Risikogruppen nach erfolgter RIT und einer Nachbeobachtung von 2 Jahren:

  • Exzellentes Ansprechen der Therapie (Excellent response):
    • Definition:In der Bildgebung ist kein Tumor zu sehen
      und entweder
      Tg-Wert unter TSH-Unterdrückung ist < 0,2 ng/ml
      oder
      TSH-stimulierter Tg-Wert ist <1 ng/ml
    • Krankheitsverlauf/Risiken:96%-99% der Patienten bleiben krankheitsfrei
      1%-4% der Patienten entwickeln in einem Zeitraum von 5 bis 10 Jahren ein Rezidiv,
      weniger als 1% wird am Schilddüsenkrebs sterben.
    • Nachsorge bzw. Therapie:
      Es sollte früh die Intensität und Häufigkeit in der Nachsorge reduziert und die TSH-Unterdrückung beendet werden.
  • Unbestimmbares Ansprechen (indeterminate response)
    • Definition:– In der Bildgebung ist nichts krankhaftes zu sehen bzw. es gibt eine schwache Radioiod-Speicherung im Schilddrüsenbett
      Tg-Wert unter TSH-Unterdrückung ist >=0,2 ng/ml und < 1ng/ml – TSH-stimulierter Tg-Wert >= 1,0 ng/ml und < 10 ng/ml
      oder
      TAK-Werte sind stabil oder fallend, und in der Bildgebung ist nichts zu sehen
    • Krankheitsverlauf/RisikenBei 80%-85% der Patienten bleibt dieser Zustand stabil oder löst sich auf in Richtung exzellentes Ansprechen.
      Bei 15%-20% wird in einem Zeitraum von 5 bis 10 Jahren ein Tumor in der Nachsorge gefunden.
      Risiko an diesem Krebs zu sterben unter 1%
    • Nachsorge bzw. Therapie:
      Die Patienten sollen weiter in der Nachsorge mit entsprechend wiederholter Bildgebung bleiben. Wenn unspezifische zu spezifischen Raumforderungen werden, sollen sie mit weiterer Bildgebung oder Biopsie untersucht werden.
  • Biochemisch unvollständiges Ansprechen (biochemical incomplete response)
    • Definition:
      In der Bildgebung ist nichts krankhaftes zu sehen
      und
      Tg-Wert unter TSH-Unterdrückung ist >= 1ng/ml
      oder
      TSH-stimulierter Tg-Wert >= 10 ng/ml
      oder
      – Steigende TAK-Werte
    • Krankheitsverlauf/RisikenMindestens 30 % werden spontan zu Patienten, die keinerlei Anzeichen haben, dass sie Schilddrüsenkrebs haben;
      weitere 20% werden dies nach einer zusätzlichen Therapie.
      Bei 30 % bleibt der Zustand unverändert.
      20% Prozent entwickeln ein Rezidiv, d. h. in der Bildgebung wird ein Tumor gefunden.
      Risiko an diesem Krebs zu sterben liegt unter 1%
    • Nachsorge bzw. Therapie:
      Bei einem stabilen oder fallenden Tg-Wert, sollen die Patienten weiter beobachtet und der TSH-Wert solle bei den meisten Patienten unterdrückt werden.
      Steigende Tg-Werte oder TAK-Werte sollen mit weiteren diagnostischen Methoden untersucht und eventuellen weiteren Therapien behandelt werden.
  • Strukturell unvollständiges Ansprechen (structural incomplete response):
    • Definition:In der Bildgebung gibt es strukturelle oder funktionelle Raumforderungen (Aufnahme von Jod in der RIT bzw. FDG in der PET/CT), die einem Schilddrüsenkrebs zuzuordnen sind.
      Dies ist unabhängig von der Höhe des Tg-Wertes oder ob TAK nachweisbar sind.
    • Krankheitsverlauf/RisikenBei 15-50% haben die weiteren Therapien Erfolg, und die Patienten können neu eingruppiert werden.
      Bei 50-85% der Patienten besteht die Krankheit weiter trotz zusätzlicher Therapien.
      Um die 10% der Patienten mit Metastasen im Halsbereich und um die 50% der Patienten mit Fernmetastasen sterben an diesem Krebs [keine Angabe des Zeitraums; siehe Text]
    • Nachsorge bzw. Therapie:Patienten dieser Gruppe brauchen weitere Therapien oder auch weitere Beobachtung in Abhängigkeit des klinischen und pathologischen Befundes, der Größe und Lokalisation, der Wachstumsrate, der Fähigkeit Jod-Aufzunehmen oder der Aufnahme von FDG in der PET/CT.

In der Tabelle der ATA-Leitlinie wird die Kategorie Unbestimmbares Ansprechen als zusätzliche Kategorie zu den anderen drei klar definierten Kategorien am Ende als eine Art Sammelkategorie eingefügt, da dieser Kategorie eine Vielzahl von Patienten mit unterschiedlichsten Befunden zugeordnet werden, die nicht eindeutig einer der drei anderen Kategorien zuzuordnen sind. Hierzu zählen u. a. Patienten mit einer diffusen Speicherung im Schilddrüsenbett, atypischen Lymphknoten im Halsbereich und einem nicht nachweisbaren Tg-Wert oder Patienten mit stabilen und fallenden TAK sowie Patienten mit einem Tg- bzw. TAK-Wert, die sich zwischen den Kategorien Exzellentes Ansprechen und Biochemisch unvollständiges Ansprechen befinden. In der adaptierten Tabelle (siehe oben) haben wir diese Kategorie entsprechend nach den Tg- und TAK-Werten eingeordnet, auch wenn dies nur ein Befund unter anderen sein kann.

Die deutlichste Wirkung zeigt dieses neue Kategoriensystem für Patienten, die bei der ersten Risikogruppeneinteilung als intermediate risk eingestuft wurden. Zwei Drittel dieser Patienten konnten danach als exzellentes Ansprechen eingestuft werden. Die Risiken für ein Rezidiv konnte so von anfänglich 36% bis 43% auf 1% bis 2% reduziert werden.

In die Kategorie unvollständiges biochemisches Ansprechen sind ca. 15%-20% aller Schilddrüsenkrebspatienten einzuordnen. Lediglich 8%-17% dieser Patienten entwickeln in einem Nachsorgezeitraum von 5-10 Jahren ein in der Bildgebung sichtbares Rezidiv. Von den Autoren der Leitlinie wird zudem hervorgehoben, dass bei ca. 20% (bis zu 34%) der Patienten unter einer TSH-Unterdrückung, aber ohne weitere Operationen oder RIT, das nachweisbare Tg über die Jahre verschwindet.

Die meisten Patienten mit einem strukturell unvollständigen Ansprechen werden durch weitere Therapien nicht geheilt. Wobei die beste Heilungsrate (29%-51%) Patienten haben mit lokalen Tumoren im Schilddüsenbett, welche mit einer Operation entfernt wurden.

Die ATA-Autoren betonten, dass Patienten, die anfänglich als intermediate oder high risk eingestuft wurden, immer eine zusätzliche Bildgebung zum Ultraschall, also ein Ganzkörperszintigramm nach einer RIT bzw. RID benötigen, um ein Fortbestehen der Krankheit auszuschließen und um sie danach in die Kategorie exzellentes Ansprechen zuzuordnen.

Die ATA-Autoren räumen ein, dass für diese Kategorien, welche auf den Erfolg der Therapien Bezug nehmen, hohe Standards bei Assays und Bildgebung mit entsprechender Interpretation vorauszusetzen sind. Bei der Benennung von Risiken fehlt leider in der ATA-Leitlinie vielfach eine Angabe in welchem Zeitraum ein Ereignis auftritt. Für die Risikoabwägung des Patienten gemeinsam mit seinem Arzt wäre dies eine wichtige Information. In den angeführten Quellen der ATA-Leitlinie werden Zeiträume zwischen 5, 10 und mehr Jahren angeführt, was vor allem einen großen Unterschied für den Patienten ausmacht, wenn ein Ereignis häufiger auftritt. Zu bedenken ist sicherlich, dass es hier meist um große Zeiträume geht und die Patientengruppe mit dem fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinom die kleinste ist, so dass es keine gute Studienlage gibt, mit denen die Risiken abschließend dargestellt werden können

(Überprüft durch Prof. Luster)

Erschienen in: www.sd-krebs.de – Offline Nr.16, Juli 2016.

Für die TSH-Unterdrückung haben die neuen Risikogruppen folgende Konsequenzen: FAQ: TSH-Unterdrückung nach Schilddrüsenkrebs.

Übersetzungen aus der Leitlinie:


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