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FAQ: Was für Strahlen gehen vom radioaktivem Jod aus?

FAQ: Was für Strahlen gehen vom radioaktivem Jod aus?

| Beitrags-ID: 240480

FAQ: Was für Strahlen gehen vom radioaktivem Jod aus?
FAQ: Strahlenschutz nach einer Radiojodtherapie

Hallo,

vom radioaktive Jod-131, welches bei der Radiojodtherapie (RJT) und der Radiojoddiagnostik (RJD) eingesetzt wird, gehen zwei Formen von Strahlungen aus:

Die Beta-Strahlen haben eine sehr kurze Reichweite von nur wenigen Millimetern (1-2mm).
Diese Beta-Strahlen zerstören die Schilddrüsenzellen bzw. Schilddrüsenkrebszellen, welche das radioaktive Jod aufnehmen.
Weil diese Strahlen eine so geringe Reichweite haben, und dabei so zerstörerisch wirken, ist die Radiojodtherapie eine sehr zielgenaue Strahlentherapie.

Die zweiten Strahlen, die vom radioaktiven Jod ausgehen, sind Gamma-Strahlen. Sie sind weniger zerstörerisch (schädlich) reichen dafür aber weiter. Dies wird im anschließenden Ganzkörperszintigraphie (GKS) ausgenutzt, um im Körper jodspeichernde Zellen (Metastasen) aufzuspüren. Die Kamera heißt daher auch Gamma-Kamera.

Für den Strahlenschutz ergeben sich daher auch Hinweise auf Schutzmaßnahmen für Kontaktpersonen, die auf diese beiden Strahlen Bezug nehmen.

Zunächst: In Deutschland wird der Strahlenschutz stärker gehandhabt wie in anderen Ländern. Die Radiojodtherapie (und spätere Radiojoddiagnostik) wird daher auch in speziell eingerichteten Stationen durchgeführt.

Nach der Entlassung aus der nuklearmedizinischen Station geht von der verbliebenen Reststrahlung nur noch eine sehr geringe Gefahr aus. Die verbliebene Reststrahlung reduziert sich dabei täglich um mehr wie die Hälfte (=effektive Halbwertszeit) bis sogar um den Faktor 4. Ein quantifizierbares Risiko für nahe stehende Personen geht so kaum noch aus. Aus diesem Grund sind die nachfolgenden Hinweise und Schutzmaßnahmen von Klinik zu Klinik recht unterschiedlich.

Die Reststrahlung reduziert sich so schnell, weil zum einen Jod 131 eine physikalische Halbwertszeit von 8,1 Tagen hat (d.h. innerhalb von 8 Tagen reduziert sich die Strahlung um die Hälfte), und zum anderen reduziert sich die Strahlenbelastung, weil überschüssiges radioaktives Jod vom Körper ausgeschieden wird (=biologische Halbwertszeit). Je weniger Zellen vorhanden sind, die das radioaktive Jod aufnehmen können, um so schneller wird das radioaktive Jod ausgeschieden. Werden zum Beispiel in der Ganzkörperszintigraphie größere Mengen Schilddrüsenrestgewebe oder Metastasen gefunden, dann dauert es danach länger bis das radioaktive Jod ausgeschieden wird. Der Grund liegt darin, dass zunächst das radioaktive Jod in diesen Zellen gespeichert wird, es dann durch die Strahlung zur Zerstörung dieser Zellen kommt, und danach erst dieses radioaktive Jod wieder im Körper freigesetzt wird und überschüssig ist.
Die effektive Halbwertszeit errechnet sich dann aus physikalischer und biologischer Halbwertszeit.
(eine gute Erklärung findet sich auf Onmeda: Biologische Halbwertszeit– Download 6.4.07. Achtung: die dort angegebene biologische Halbwertszeit von 80 Tagen bezieht sich auf Menschen, deren Schilddrüse nicht zuvor mit einer Operation entfernt wurde. Bei RJT von gutartigen Schilddrüsenerkrankung wie Morbus Basedow ist die effektive Halbwertszeit im Mittel bei etwa 4-5 Tagen nach Dr. Hänscheid Physiker an der Uni Würzburg.)

Die Schutzmaßnahmen nach der Entlassung sollen vor allem gegenüber Schwangeren und kleinen Kindern beachtet werden, um ein mögliches Risiko so gering wie nur möglich zu halten.

Zum einen geht es darum, dass man überschüssiges radioaktives Jod ausscheidet über Urin, Stuhl, Speichel und Schweiß.
In der Klinik wird daher auch das Abwasser aufgefangen, und eigene Kleidung. die man an hatte, darf man entweder nicht mitnehmen, oder muss man in gesonderten Räumen (Keller) ein bis zwei Wochen aufbewahren (dies wird von jeder Klinik anders gehandhabt).

Auch wird von einigen Kliniken empfohlen in diesen 1 bis 2 Wochen nach der RJT, besonders auf die üblichen hygienischen Maßnahmen zu achten, wie Händewaschen nach der Toilette (eigenes Handtuch) und vor der Zubereitung von Essen.
Diese Hinweis zielen darauf, dass das ausgeschiedene radioaktive Jod nicht über Umwege durch nahe stehende Personen aufgenommen wird, und dann sozusagen bei ihnen der Beta-Strahler mit seiner zerstörerischen Wirkung tätig wird, wo er gar nicht soll.

Die anderen Schutzmaßnahmen beziehen sich hingegen auf die Gamma-Strahlung, die vom radioaktiven Jod ausgeht, welches noch im Körper gespeichert ist:
Hier wird von einige Kliniken empfohlen, nach der Entlassung die ersten Tage bis zu ein/zwei Wochen darauf zu achten, dass man den Kontakt zu anderen Personen (weniger als ein Meter) zeitlich beschränkt (insgesamt nicht mehr als vier Stunden am Tag). Und dies wieder natürlich ganz besonders im Hinblick auf Kinder und Schwangere.

Behörden und Institutionen:

Auszüge aus der Strahlenschutzverordnung – StrlSchV (vom 24. Juni 2002)

6.6.2 Stationäre Aufnahme
(…)
Patienten, die offene radioaktive Stoffe zur Behandlung erhalten haben, sind (…) nach der Verabreichung mindestens 48 Stunden stationär in den Kontrollbereich einer Therapiestation aufzunehmen.

10 ENTLASSUNG VON PATIENTEN NACH DER BEHANDLUNG MIT OFFENEN RADIOAKTIVEN STOFFEN ODER MIT IM KÖRPER VERBLEIBENDEN STRAHLERN

Die Entlassung eines Patienten aus stationärer Behandlung nach Applikation offener radioaktiver Stoffe oder im Körper verbleibender Strahler ist durch den Arzt mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz möglich, wenn aufgrund der Messung der Ortsdosisleistung in definierter Entfernung vom Patienten (z.B. für Iod-131 beträgt die Entlassungsaktivität 250 MBq; Dosisleistung 3,5 µSv/Stunde in zwei Metern Abstand) und der Annahme der für den Gesundheitszustand desPatienten zu erwartenden Personenkontakte die daraus resultierende Strahlenexposition für andere Personen abschätzt wird und sich daraus ergibt, dass Einzelpersonen der Bevölkerung nicht über 1 mSv pro Kalenderjahr (in zwei Metern Abstand) exponiert werden.

(Quelle: Strahlenschutzverordnung – StrlSchV, Oktober 2011; 162 Seiten; Download 04.10.2012)

Von dieser Regelung kann unter bestimmten Bedingungen auch abgewichen werden, dies muss dann den Behörden gemeldet werden.

In der Anlage A17 (im PDF S. 127) gibt es ein Merkblatt:
„Empfehlungen zum Verhalten des Patienten nach Therapie mit radioaktivem Iod

In diesem Merkblatt wird umfangreich erklärt, wieviel Abstand man zu welchen Personen (über 60jährige, Arbeitsplatz, Taxifahren, Ehepartner, Kinder, Babys, Schwangere) man einhalten soll. Insbesondere werden strenge Vorsichtsmaßnahmen gegenüber Kindern und Schwangeren empfohlen. Allerdings wird auf die Frage, wie lange man diese Regeln befolgen soll, immer nur darauf verwiesen:
…sollten Sie Ihren Arzt um Rat fragen.„.

Diesen Beitrag + Merkblatt der Strahlenschutzverordnung als PDF zum Ausdrucken:
Merkblatt: Strahlenschutz nach RJT
(5 Seiten)

siehe auch FAQ: Verhütung aus Sicht der Frau und des Mannes nach RJT

Es gibt auch eine Version des Merkblatts im A5-Format als PDF (4 Seiten), welche wir den Nuklearmedizinischen Kliniken anbieten.

Anforderungsformulare für Informaterial

Weitere informative Links:

Viele Grüße
Harald
(Update 3.05.18)


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